Moshé Feldenkrais, der Begründer der Feldenkrais-Methode, wurde 1904 in der Ukraine geboren. Bereits im Alter von vierzehn Jahren verließ er jedoch seine Familie und seine Heimat, um nach Palästina auszuwandern. Fast sechs Monate war Moshé Feldenkrais zu Fuß unterwegs, bis er sich schließlich für die kommenden zehn Jahre in Tel Aviv niederließ. Hier studierte er und arbeitete als Privatlehrer und Landvermesser. Während eines Fußballspiels zog er sich eine schwere Verletzung am linken Knie zu, die über Monate zu Schwellungen und Schmerzen führte.
1928 zog Feldenkrais schließlich nach Paris, um Physik, Mathematik, Maschinenbau und Elektrotechnik zu studieren. Als er seinen Doktor der Naturwissenschaften abgeschlossen hatte, begann er seine Arbeit am Institut Pasteur – Unter anderem als leitender Assistent von Frédéric Joliot-Curie, der 1935 gemeinsam mit seiner Frau den Nobelpreis der Chemie für seine Entdeckung der künstlichen Induktion von Radioaktivität erhielt. In Paris lernte Feldenkrais außerdem Jigoro Kano kennen, den Entwickler des modernen Judos und späteren Bildungsminister von Japan. Moshé Feldenkrais war der erste Europäer, der einen Schwarzen Gürtel im Judo erlangte. Er gründete außerdem den Judo-Club von Paris und schrieb zwei Bücher über Judo.
1940, als die Nationalsozialisten Frankreich besetzten und in Paris einmarschierten, entkam Feldenkrais in einem der letzten Schiffe nach England. Obwohl die Flüchtlinge eigentlich angewiesen wurden, keine Besitztümer mit auf’s Boot zu nehmen, bestand er darauf, einen Koffer mitzunehmen, dem ihn Joliot-Curie anvertraut hatte. Enthalten waren Unterlagen über ein Forschungsprojekt an der Kernspaltung und Pläne für die Phosphorbombe. Außerdem ein Liter Wasser, welches später im sogenannten Manhattan Project für den Bau der Atombombe genutzt wurde.
Während des zweiten Weltkriegs war Feldenkrais für die britische Admiralität tätig und arbeitete unter anderem an einem Unterwasserortungssystem mit. Er fuhr außerdem mit seiner Judo-Praxis fort und begann, sich für die menschliche Entwicklung zu interessieren. Hierzu hatte ihn insbesondere seine Frau Yona Rubenstein bewegt. Diese war Kinderärztin und das Beobachten von Babys in ihrer Praxis inspirierte ihn, zu erforschen, wie Kinder lernten, sich zu bewegen.
Nach einem Unfall, der seine alte Knieverletzung wieder aufflammen ließ, konnten selbst die besten Chirurgen Englands Feldenkrais nicht mehr als eine fünfzigprozentige Chance auf Heilung versprechen. Doch nur durch eine Operation sollte der Physiker laut der Ärzte je wieder gehen können. Erschüttert von diesen Erfolgsaussichten verzichtete Feldenkrais auf eine OP und las sich Mengen um Mengen des verfügbaren Wissens zu Anatomie, Physiologie, Neuropsychologie, Sport, Bewegungstherapie, Psychotherapie, zu geistigen Praktiken, Yoga, Hypnose und Akupunktur an.
Monate später – eine Zeit, in der er vorsichtig minimale Bewegungen ausführte und sich dabei selbst beobachtete – war er dem Geheimnis der Bewegung und damit auch der Schmerzlinderung um Weiten näher gekommen. Er schaffte es, die grundlegenden Prozesse wiederzuerwecken und zu verfeinern, die schon Kinder benutzen, um Bewegungsabläufe zu lernen. Der Schlüssel: sich seiner Bewegung und dem, was man tut, wieder bewusst zu werden. Und siehe da, ohne eine Knieoperation schaffte Moshé Feldenkrais es schließlich, wieder zu gehen und sogar seine Judoübungen wieder aufzunehmen.
Schließlich half Feldenkrais immer mehr Menschen mit diesem Ansatz weiter und entwickelte eine Methode, um das Lernen neuer Bewegungsmuster gezielt zu fördern. Es heißt, er arbeitete dabei, ohne zu sprechen. Allein Bewegung und Berührung waren genug, um die gewünschten Effekte zu erzielen. Die Methode Funktionale Integration war geschaffen. Er entwickelte außerdem eine Verfahrensweise, die seine Erkenntnisse auch einer größeren Anzahl von Menschen zugänglich machten. Mittels gesprochener und geschriebener Anweisungen vermittelte er sein Geheimnis, sich bewusst und schmerzfreier zu bewegen. Genannt wurde dieses Verfahren Bewusstheit durch Bewegung.
1950 trat Moshé Feldenkrais seine Rückkehr nach Tel Aviv an. Hier besetzte er einen Posten als erster Direktor der Abteilung Elektronik der israelischen Streitkräfte. Zu dieser Zeit litt Israels erster Premierminister, David Ben-Gurion, unter chronischen Rückenschmerzen, Atembeschwerden sowie weiteren Gesundheitsstörungen. Feldenkrais wurde daraufhin gebeten, mit Ben-Gurion zu arbeiten und ihm mittels seiner Methode zu helfen. Durch Feldenkrais‘ Hilfe ging es dem Premierminister bald deutlich besser und so geschah es, dass Feldenkrais in ganz Israel zum Nationalhelden wurde. In den darauffolgenden Jahren führte er in Israel und Europa weitere Seminare durch, bis er 1971 das erste Mal nach Amerika eingeladen wurde.
Er kehrte auch später immer wieder in die Vereinigten Staaten zurück, um Ärzte in San Francisco, Amherst und Massachusetts zu unterrichten. Schließlich verstarb Moshé Feldenkrais 1984 friedlich im Alter von achtzig Jahren. Seine Werke finden auch heute noch besondere Bedeutung im Kontext der Bewegungslehre und -therapie und inspirierten bislang viele weitere Menschen, sich mit der Feldenkrais-Methode zu befassen.
Vgl. Shafarman, S. (1998), Die Feldenkraisschule, S. 12-15.